Sascha Rakers

Achtsam leben. Kreativ erzählen. Verbunden wirken.

Schwarz-weiß-Porträt eines Mannes mit Brille und Hemd, der lächelnd in die Kamera blickt.

Von Autismus, ADHS und anderen Neurodivergenzen

Wie ich bereits in anderen Artikeln feststellte, ist alles ein Spektrum. Manchmal sogar ein Spektrum im Spektrum. Dies gilt neben der romantischen und sexuellen Anziehung auch für Neurodivergenz. Was ich damit genau meine, erkläre ich in diesem Beitrag.

Wie ich bereits in anderen Artikeln feststellte, ist alles ein Spektrum. Manchmal sogar ein Spektrum im Spektrum. Dies gilt neben der romantischen und sexuellen Anziehung auch für Neurodivergenz. Was ich damit genau meine, erkläre ich in diesem Beitrag.
Foto: Siora Photography – Unsplash

Sind Autismus und ADHS ein Spektrum?

Für mich als selbst neurodivergente Persönlichkeit hat meine alleinige Diagnose aus dem Autismusspektrum nie wirklich Sinn gemacht. Irgendetwas fehlte da immer noch. Auch meine bis zuletzt in Teilen unentdeckte Hochbegabung war nur ein Puzzlestück, welches meine Neurodivergenz abbildet.

Betrachten wir zunächst Autismus und ADHS etwas genauer:

Autismus ist an einem Ende des neurodivergenten Spektrums angesiedelt und gekennzeichnet durch Schwierigkeiten in Kommunikation und Sprache, Probleme im sozialen Miteinander und stereotype Verhaltensmuster. Das bedeutet konkret, dass etwa Blickkontakt zu anderen schwer zu halten ist, non-verbale Kommunikation selten(er) eingesetzt wird oder auf gleichbleibende Abläufe Wert gelegt wird. Auch reagieren Autisten empfindlicher auf äußere Reize wie etwa Geräusche, Licht oder Temperaturen.

ADHS (Aufmerksamkeits-Hyperaktivitäts-Störung) hat seinen Platz dagegen auf der anderen Seite dieses Spektrums. Dies äußerst sich in einer leichten Ablenkbarkeit und einer mangelhaften Konzentrationsfähigkeit sowie in oft impulsiven Handlungen und einer allgemeinen Ruhelosigkeit. Früher sprach man in der Schule abwertend vom „Zappelphilipp“. Für Menschen mit ADHS sind Routinen wie sie Autisten benötigen, nur sehr schwer auszuhalten.

Noch vor einigen Jahren galt eine Doppeldiagnose von Autismus und ADHS als ausgeschlossen. Doch heute mehren sich die Stimmen, dass beides sehr wohl ko-existieren kann. Dies wird dann häufig als AuDHS bezeichnet. Das bedeutet dann etwa, das eine Person, um gut leben zu können, Routinen benötigt, diese aber aufgrund von Sensation Seeking schnell als langweilig empfunden werden. Es bedeutet, dass bewusst Reize gesucht werden, aber danach eine längere Erholungsphase notwendig ist, um wieder bei sich anzukommen.

PDA – ein Spektrum im Spektrum von Neurodivergenz

Schon vor längerer Zeit stieß ich auf den Begriff der Pathological Demand Avoidance (dt.: pathologische Vermeidung von Anforderungen). PDA beschreibt innerhalb des neurodivergenten Spektrums ein weiteres Spektrum, welches durch ein permanentes Streben nach Autonomie gekennzeichnet ist. Deshalb wird PDA auch oft und richtigerweise als Persistent Drive for Autonomy bezeichnet, denn das Wort „pathologisch“ impliziert eine „Krankheit“, die hinter diesem Syndrom steht. Wie alle Neurodivergenzen ist aber auch PDA nur eine andere Form des Seins. Das Gehirn von neurodivergenten Menschen ist einfach anders verdrahtet.

Dr. Megan Anna Neff hat hierbei die Problematik bei Menschen mit PDA in einem Blogbeitrag sehr gut zusammengefasst. Eine Checkliste für Erwachsene auf deutsch stellt auch der Fachverein PDA-Autismus-Profil (FAPDA) zur Verfügung.

Eine Grafik, die das PDA-Profil darstellt.
Grafik: PDA-Profil (eigene Darstellung; angelehnt an Dr. Neff „Autism PDA Profile“)

Die Überschneidungen des PDA-Profils zu ADHS sind enorm. Und trotzdem ist beispielsweise die Unaufmerksamkeit wesentlich geringer ausgeprägt. Und wo bei ADHS Lob und Belohnung zu einer vermehrten Ausschüttung von Dopamin führt, ist dies bei Menschen mit einem PDA-Profil mit der zukünftigen Anforderung verknüpft, die Leistung genauso wieder zu erbringen, was dann zu Stress führt.

Im Gegensatz zur oppositionellen Trotzreaktion ist der Widerstand bei Menschen mit PDA-Profil nicht auf eine generelle Abneigung von Anforderungen zurückzuführen. Es ist vielmehr der Zwang des „Du musst …“, der aber nicht nur durch externe Quellen, sondern auch aus der Person selbst heraus entsteht.

So zeigt sich PDA im Alltag

Hierarchie kann sich bedrohlich anfühlen

In der Checkliste des FAPDA wird dies zusammengefasst wie folgt umschrieben:

Hat Schwierigkeiten, soziale Hierarchien zu erkennen oder zu akzeptieren. Scheint keinen Unterschied zu sehen zwischen sich selbst und Autoritätspersonen (z. B. Vorgesetzten, Polizist:innen) und bemisst Personen nicht nach Rang und Ansehen, sondern nach ihrer Ausstrahlung und ihrem Handeln.

Dr. med. N. Chou-Knecht, Schweiz

Zwar ist es mir durchaus bewusst, dass unsere Gesellschaftsordnung, Unternehmen oder Familien streng auf Hierarchien aufgebaut sind, doch ist es mir trotzdem äußerst unangenehm, die Weisungen anderer Personen nur aufgrund eines höheren Ranges zu akzeptieren, wenn diese für mich entweder keinen Sinn ergeben oder das Machtverhältnis zu deren Gunsten schamlos ausgenutzt wird.

Wichtig ist es für mich tatsächlich, mit allen Menschen auf Augenhöhe zu kommunizieren – unabhängig ob dies nun jemand ist, der auch rangmäßig auf gleicher Ebene agiert oder jemand, der über mir steht. Ich sehe den Rang eines Menschen nicht als gottgegeben an. Die ranghöhere Person muss sich diesen Status bei mir vielmehr erst verdienen.

Jetzt erst verstehe ich auch, weshalb ich immer intuitiv Angst vor Polizist:innen habe – obwohl ich mit der Polizei nie schlechte Erfahrungen machte – und ein damit einhergehendes Gefühl eines möglichen Kontrollverlustes verspüre.

So reagieren wir auf Bedrohungen

Jeder Mensch – ob nun neurodivergent oder neurotypisch – reagiert auf äußere Umstände mit ganz unterschiedlichen Coping-Strategien. Diese Reaktionen auf Bedrohungen können verkürzt auch als 4F bezeichnet werden. Zu diesen gehören:

  • Fight ist der Versuch einer Situation gerecht zu werden, indem aktiv dagegen angekämpft wird – sei es verbal oder körperlich.
  • Flight ist die Flucht aus einer stressigen Notlage und wird meist angewandt, wenn ein Kampf nicht möglich oder aussichtslos erscheint.
  • Freeze, ein Erstarren, tritt dann auf, wenn Kampf oder Flucht keine Option ist. Dies war besonders in der frühen Menschheitsgeschichte für das Überleben essentiell – und ist es heute noch im Tierreich. Dieses „Totstellen“ soll bewirken, dass ein gefährliches Raubtier den Rückzug antritt.
  • Fawn ist das Anpassen an eine überwältigende Situation und würde im Autismus- und ADHS-Spektrum vermutlich als „Masking“ bezeichnet werden. Diese Strategie kommt dann zum Einsatz, wenn alle bisherigen Maßnahmen nicht zum Erfolg führten und ist auch eine der am meisten erschöpfenden Reaktionen, die bis hin zu einem Burnout führen können.

Wahrgenommener Verlust von Autonomie löst eine Bedrohungsreaktion aus

Nach der Checkliste, die der FAPDA bereitstellt, kann

„als Grund für die Vermeidung […] Angst bzw. ein damit verbundenes Kontrollbedürfnis erkannt werden.“

Dr. med. N. Chou-Knecht, Schweiz

Besonders hat sich dies bei mir während der Corona-Pandemie bemerkbar gemacht. Ich lehnte die Schutzmaßnahmen nicht per se als falsch ab, sondern nur aufgrund der Tatsache, dass ein rigides „Das ist jetzt so!“ von der Politik kam. Ich hatte keinerlei Kontrolle über die Situation, was wiederum Angst auslöste.

Dieser für mich fühlbare Kontrollverlust führte zu einer Kampfreaktion und einer offenen Konfrontation mit dem „System“ durch wutentbrannte, aber dennoch nie beleidigende, E-Mails an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder oder der Weigerung der Maskenpflicht im ÖPNV nachzukommen. In meiner systemrelevanten Arbeit in der Altenpflege kam es aufgrund dieser Regeln zu einer Fluchtreaktion, indem ich mich vermehrt krank meldete – oft auch im Zusammenhang mit den regelmäßig stattgefundenen Testungen. Nachdem ich durch meine Hochsensibilität emotional sowieso schon seit Jahren überfordert war, erstarrte ich irgendwann (Freezereaktion). Es ging nichts mehr.

Maskiert in verschiedenen Settings bewusst oder unbewusst

Masking bei PDA stellt sich m. M. n. noch einmal anders dar als es bei Autismus- oder ADHS-typischem Masking der Fall ist. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist damit zumeist die Anpassung an eine neurotypische Welt gemeint. Hingegen meint es bei PDA mehr eine Freude, in andere Rollen zu schlüpfen.

Die Checkliste des FAPDA beschreibt dies zusammenfassend so:

Nimmt gern andere Rollen oder Charaktere (aus dem realen Leben oder fiktiv) an und „lebt sie aus“. Maskiert [wird] eventuell nur für gewisse Zeit, d.h. sie/er kann sich also in verschiedenen Umgebungen, oberflächlich gesehen, ganz unterschiedlich präsentieren. Das Masking [führte dazu], dass von […] anderen Personen der Verdacht geäußert [wurde], dass die Vermeidung ganz bewusst gewählt wird.

Dr. med. N. Chou-Knecht, Schweiz

Vermutlich ist das mit ein Grund, dass ich schon immer mehr mit Fantasy-Romanen und weniger mit realistisch anmutenden Liebes- oder Kriminalromanen anfangen konnte. Gut, als aromantische Person vermutlich auch kein Wunder. Auch lebte ich als Kind „Rollen“ aus TV-Serien im realen Leben aus. So gab es eine Zeit, in der ich mich tatsächlich als Tim Taylor aus der Serie Hör‘ mal, wer da hämmert sah.

Klar, auch neurotypische Menschen präsentieren sich in unterschiedlichen Umgebungen in verschiedenen Rollen: Mal als Mutter, dann wieder als Hausfrau und Ehepartnerin oder als gut gekleidete Dame bei ihren Freundinnen. Doch die grundsätzliche Persönlichkeitsakzentuierung ist immer gleichbleibend.

Ganz anders bei Menschen mit einem PDA-Profil. Je nach Situation bin ich entweder mal eher introvertiert, zurückhaltend und schüchtern oder extrovertiert, laut und vielleicht manchmal auch ein wenig „aufmüpfisch“. Natürlich liegt es da nahe, dass andere glauben, ich würde das bewusst steuern. Tatsächlich passiert das bei mir aber unbewusst. Es hat also nicht, wie mir ein früherer Lehrer einreden wollte, mit einem fehlenden Willen zu tun, sondern mit einem Nicht-Können. Wenn ich mich also damals im Unterricht nicht gemeldet habe, dann nur deshalb, weil ich nicht konnte – aus Angst vor einem Kontrollverlust. Wenn Lehrer:innen eine Antwort nicht als ausreichend erachten und dann gezielt nachfragen, ist das bereits ein Auslöser dieser Unsicherheit und Angst.

Auch später noch übernahm ich unbewusst die Verhaltensweisen von Kolleg:innen, sodass ich irgendwann nicht mehr wusste, wo ich anfange und andere aufhören.

Wille ≠ Tun

„Wenn man etwas will, dann tut man es auch“ – so oder so ähnlich war die Aussage einer meiner Lehrkräfte damals. So einfach ist das aber überhaupt nicht wie mir auch eine Psychologin einmal bestätigte. Und im Falle eines PDA-Profils sowieso nicht, denn dort steht nun mal gerade das „Nicht-Können“ im Vordergrund. Ich bin mir sicher, dass viele der Menschen mit diesem Profil sehr wohl wollen würden, doch hindert sie dieses enorme Bedürfnis nach Kontrolle, Dinge auch umzusetzen.

Verwendet soziale Strategien zur Vermeidung von Anforderungen

Viele der Strategien, die in der Checkliste des FAPDA genannt werden, kenne ich sowohl aus meiner Schulzeit als auch jetzt im Erwachsenenalter:

Verwendet eine Vielzahl von Strategien, z. B. durch Ablenkung, Hinauszögern, Ablehnung, Drohung, Rollenspiele, Übernahme der Kontrolle oder komplizierte Ausreden sowie fadenscheinige Lügen. Wenn die gewählten sozialen Strategien nicht zum Ziel führen, sich die Person in die Enge getrieben fühlt oder Druck auf die Person ausgeübt wird, kann es zu einer raschen Eskalation kommen – dies bis hin zu Panikreaktionen, Weglaufen, sich Einschließen, Aggression, Meltdown (Schreien, Wutanfall, Schlagen, Treten), Shutdown, Selbstverletzung.

Dr. med. N. Chou-Knecht, Schweiz

Gerade als die Anforderungen in der Schule stiegen, lehnte ich diese vermehrt ab. Diese Verweigerungshaltung zeigte sich nicht nur zunehmend bei den Hausaufgaben, sondern auch im Unterricht. Teilweise, wie eine Lehrerin schrieb, verhielt ich mich „im Unterricht vollkommen passiv“. Der zusätzliche Druck, der dadurch entstand, mündete nach einem Meltdown zuhause irgendwann in einen stillen Meltdown. Ich war zunehmend erschöpft und zog mich immer mehr zurück.

Neurodivergenz und zweite Pubertät

Ich stelle einmal folgende Arbeitshypothesen auf:

  1. Je intelligenter jemand ist, desto sozial reifer ist diese:r und desto seltener sind auch manipulative oder aggressive Tendenzen gegenüber dem sozialen Umfeld.
  2. Die soziale Reife steigt mit dem tatsächlichen Lebensalter.
  3. Zusätzlicher Druck im Kindes- und Jugendalter führt spätestens im frühen Erwachsenenalter zur Internalisierung sozialer Strategien.

Begründet werden können diese Hypothesen damit, dass überdurchschnittlich intelligente Menschen eher in der Lage sind, Regeln zu verstehen und sich trotz ihrer eigenen Herausforderungen an Gesellschaftsnormen anzupassen. Wenngleich ich aus eigener Erfahrung weiß, dass ich gerade in der Grundschule mit meinem Verhalten „angeeckt“ bin. Anfangs wurde das von den anderen Kindern noch toleriert, jedoch spätestens ab der fünften Klasse nicht mehr.

Da u. a. die Autismus-Spektrum-Störung zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen1 gehört, ist dies im Allgemeinen auch nicht verwunderlich. Viele sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer „zweiten Pubertät“. Gerade überdurchschnittlich intelligente Autisten sind in der Lage im Lauf der Zeit durch Selbstreflexion sowie therapeutische und anderweitige Unterstützung – wie ich selbst erfahren durfte – ihre soziale Kompetenz zu stärken. Soziale Reife setzt bei neurotypischen Personen i. d. R. in der tatsächlichen Pubertät ein; bei Autisten hingegen durch die verzögerte Entwicklung erst später. Dies gelingt umso schneller, je mehr jemand von außen wohlwollend unterstützt wird.

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Mehr Informationen

Trotzdem kommt es durchaus vor, dass manche Verhaltensweisen durch den zunehmenden Druck und – gerade bei einem PDA-Profil – gestiegene Anforderungen, einfach internalisiert werden. Die Aggression, die eigentlich nach außen geleitet werden will, staut sich nun im Innen an. Bedürfnisse werden übergangen, weil man ja „funktionieren“ muss. Dieser Kompensationsmechanismus ist sehr erschöpfend und mündet irgendwann in einen autistischen Burnout.

Jenseits von Neurodivergenz

Als Thrive Exceptional (3e-Mensch) passe ich nicht mal eben in eine „Schublade“, in die das „System“ jede:n Einzelne:n dieser Gesellschaft so oft stecken möchte. 3e bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ich neben einer Hochbegabung noch andere Formen im Bereich der Neurodivergenz aufweise und als queere Persönlichkeit zudem einer weiteren marginalisierten Gruppe angehöre.

Kein Wunder also, dass ich so oft Schwierigkeiten mit dem Ausfüllen von Fragebögen zur psychologischen oder psychiatrischen Diagnostik habe. Denn gerade wenn sich Autismus und ADHS überschatten, ist es schwierig diese Fragen eindeutig zu beantworten. Selbst die Antwortmöglichkeit „teils-teils“ fühlt sich für mich dann nicht richtig an. Vielleicht muss aber auch die Gesellschaft umdenken, damit Neurodivergenz nicht länger als etwas betrachtet wird, das „behandelt“ werden muss. Vielleicht ist es an der Zeit, jede Person so sein zu lassen wie sie ist.

Wenn wir aufhören, zwischen neurodivergenten und neurotypischen Personen zu unterscheiden, bleibt am Ende nur das Mensch-Sein. Es bleibt der einzelne Mensch mit seinen Stärken und Schwächen.

Neurodivergenz als Stärke

Denn gerade in meinem Fall mit einer teilkompensierten Autismus-Spektrum-Störung, Anteilen von ADHS, einer überdurchschnittlichen Intelligenz bis hin zur Hochbegabung in Teilen und einem PDA-Profil, zeigt sich, dass Neurodivergenz oft nicht alleine daher kommt. Vor allem aber zeigt es, dass viele in der neurotypischen Gesellschaft vermutlich auch Züge einer wie auch immer gearteten Neurodivergenz aufweisen können. Vor allem aber, dass es auch eine Ressource sein kann.

Mit meinen ADHS-Anteilen stoße ich immer wieder neue Dinge an, plane diese dank meiner Autismus-Anteile bis zur Perfektion – auch wenn die Durchführung wohl lieber jemand anderes übernehmen sollte. Ich strebe nach Gleichberechtigung und Gerechtigkeit. Dabei setze mich für eine bessere Welt ein – nicht nur für Menschen, sondern ganz besonders auch für nicht-menschliche Lebewesen.

Es gibt nicht die glasklare Trennung zwischen neurodivergenten und neurotypischen Personen. Letztendlich ist auch das menschliche Dasein ein Spektrum, auf dem sich jede:r ständig zwischen den beiden Polen hin- und herbewegt. Oder wie es im Zen heißen würde: Es gibt nur den Moment. Und jedes Gefühl oder Bedürfnis in diesem Moment ist legitim.

Eine Grafik, die darstellt, wie sich der Mensch im Spektrum zwischen Neurodivergenz und "neurotypischen" Verhalten bewegt
Grafik: Der Mensch im Spektrum (eigene Darstellung)

Vielleicht ist das genau meine Berufung. Genau das, was ich hier auf Erden bewirken soll: Impulse setzen für ein neues menschliches Miteinander.

  1. Artikel Tiefgreifende Entwicklungsstörung: Jennifer Groß, Dr. Frank Antwerpes, Inga Haas, Bijan Fink, Danny Siwek; abrufbar unter: https://flexikon.doccheck.com/de/Tiefgreifende_Entwicklungsstörung
    DocCheck Flexikon 15.09.2021. Letzte Bearbeitung 06.11.2019. ↩︎