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Nicht nur durch ihr Pressestatement, sondern auch in einem Video, welches nur wenige Stunden nach der schrecklichen Tat in München am 13. Februar 2025 Alice Weidel auf ihrem YouTube-Kanal gepostet hat, wird nun mehr als deutlich welch menschenverachtende Gesinnung die Alternative für Deutschland (AfD) an den Tag legt. Dass es der Partei gar nicht daran gelegen ist, Lösungen für die Herausforderungen im Land und in der Welt zu finden, sondern nur Hass zu schüren.
Instrumentalisierung einer Gewalttat
Unter dem Titel „München: Wir brauchen eine Migrationswende – und wir brauchen sie sofort“ erschien auf dem YouTube-Kanal von Alice Weidel ein 4-minütiges Video, welches die Gewalttat in München nur wenige Stunden danach mit vergangenen Verbrechen in Kiel, Solingen oder Mannheim in Verbindung bringt – ohne auch nur München einmal zu erwähnen. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung hätte nicht besser gewählt sein können. Zu einem Zeitpunkt, in dem viele in den Büros, an Arbeitsplätzen oder am Küchentisch von dieser Tat gerade erst erfahren haben, viele von diesen Menschen noch in Schockstarre, können diese ganz gezielt manipuliert und das unter extrem rechten Parteien wie der AfD verbreitete Märchen der „bösen Geflüchteten“ in der Masse verbreitet werden.
Das Video erschien zu einem Zeitpunkt, als die ermittelnden Behörden gerade noch mit Spurensicherung beschäftigt waren. Zu einer Zeit, als Informationen zu dem Täter, dem Tathergang und dem Motiv noch gar nicht bekannt waren. Die AfD nutzt hier die Angst der Menschen, die von der Tat betroffen sind oder auch „nur“ davon erfahren haben, gezielt aus, um rücksichtslos Wahlkampf zu betreiben.
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Mehr InformationenMillionen von Menschen sind zu uns gekommen, die vorher ihren Pass weggeschmissen haben, von denen wir nicht wissen, wer sie sind, die hier Straftaten begehen.
Alice Weidel, aus ihrem Video
Gemeint ist hier besonders der Zeitpunkt im Sommer 2015, der vorher in dem Video kurz beleuchtet wird. Es stempelt alle Geflüchteten zu Straftätern ab.
Politisch nicht ernst zu nehmen
Nur wenige Sekunden später, spricht Weidel plötzlich vom „importierten muslimischen Antisemitismus“. Es sind Bilder pro-palästinensischer Demonstrant:innen zu sehen. Menschen, die dagegen protestieren, dass Deutschland die israelische Regierung bei der Zerstörung von Gaza und ihrem Genozid an der dort lebenden Bevölkerung unterstützt. Völlig legitim. Das Demonstrationsrecht ist schließlich fest im Grundgesetz verankert. Es ist auch völlig falsch in diesem Zusammenhang von Antisemitismus zu sprechen, wenn pro-palästinensische Aktivist:innen in Wirklichkeit aber die zionistische und in Teilen rechtsextreme israelische Regierung kritisieren. Eine allgemeine Jüd:innenfeindlichkeit und Antisemitismus ist keinesfalls mit einer antizionistischen Haltung gleichzusetzen.
Noch dazu verschweigt sie ganz bewusst, dass der Großteil antisemitischer Delikte von Rechtsextremen verübt wurden. Die Anzahl der erfassten Straftaten stieg in diesem Bereich in den Jahren 2022 bis 2023 um 849 Delikte (+38,9%). Dies macht, gemessen an allen antisemitisch motivierten Straftaten 58,8% aus.
Nur ein kleiner Teil von 33,3% der verübten Straftaten in 2023 ging zurück auf ausländische und religiöse Ideologien. Im Jahr 2022 waren dies zwar noch lediglich 2%, doch der enorme Anstieg ist auch durch den verherrenden Krieg Israels in Gaza zurückzuführen. Dort und in den Jahren zuvor ging Antisemitismus überwiegend von rechts aus. Von einem importierten Antisemitismus zu sprechen, Migrant:innen als Straftäter:innen zu diskreditieren, geht also völlig an der Sache vorbei.

Quelle: BMI, Bundeskriminalamt. (2024). Anzal der polizeilich erfassten antisemitischen Delikte in Deutschland nach Bereichen von 2013 bis 2023. Statista. Statista GmbH. Zugriff: 15. Februar 2025. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/866547/umfrage/polizeilich-erfasste-antisemitische-delikte-in-deutschland-nach-bereichen/
Plötzlich schwenkt Alice Weidel zu einem anderen Thema und greift Gewalttaten und Tötungsdelikte gegen Menschen einer anderen sexuellen Orientierung im Iran, dem Westjordanland und anderen Ländern auf. Sie spricht davon, dass man „diese Menschen […] auf die Bevölkerung hier losgelassen [hat]“. Gemeint sind die Islamisten in diesen Ländern. Gemeint ist der „Hass gegen das Andersartige“ in diesem Kulturkreis.
Wie man von einzelnen wirklich schlimmen Taten zu einer allgemeinen Hetze gegen Migrant:innen kommen kann, weiß vermutlich allein Weidel und die AfD. Jedenfalls ist diese Partei spätestens nach diesem Video nicht mehr ernst zu nehmen. Es geht der AfD von Beginn an darum, die Gesellschaft zu spalten. Politische Veränderung wird es mit dieser Partei niemals geben. Das sollte inzwischen wohl auch bei denen angekommen sein, die stramm hinter dieser Partei stehen. Der Hass gegen Andersartige, welchen Weidel den Migrant:innen zuschreibt, ist ihr eigener Hass, den sie mit der andauernden Hetze in der Mitte der Gesellschaft sät. Hass, der plumpe rechtspopulistische Parolen wiederkäut: „Zeit, Illegale abzuschieben“, „Zeit für sichere Grenzen“ oder „Zeit für unsere Sicherheit“.
Es geht der Alternative für Deutschland nicht um die Opfer
Auch in ihrem Pressestatement zur Amokfahrt in München, geht es Alice Weidel nur darum, Politiker:innen anderer Parteien als „Schuldige“ zu brandmarken. Sie unterstellt der Union Wählerbetrug. Zwar spricht sie am Ende ihrer Rede davon, dass sie es „angesichts der Schwere […] dabei belassen“ möchte, doch tritt noch im selben Atemzug nach: „Und ich muss Ihnen auch sagen, ich habe die Nase voll von den ganzen Lippenbekenntnissen der anderen Politiker, die über Jahre nichts dafür getan haben, und die hier nur billigen Wahlkampf absolvieren. Schämen sollte sich die CDU unter Führung von Friedrich Merz. Wirklich schämen.“
Was Weidel hier macht, ist die Projektion ihres eigenen Verhaltens und das Verhalten ihrer Partei auf andere Politiker:innen. Gerade Menschen mit ausgeprägter narzisstischer Persönlichkeitsstörung machen dies. Narzisst:innen sind zudem getrieben von Intoleranz und lassen andere Meinungen nicht gelten. Bedürfnisse anderer, wie etwa von non-binären Menschen oder Transfrauen oder -männern, werden nicht ernst genommen oder akzeptiert. Sie werten andere Menschen, wie armutsgefährdete Bürgergeld-Empfänger:innen oder Migrant:innen ab, um sich selbst zu erhöhen und besser zu fühlen.
Auf eine Nachfrage einer Journalistin, schreit Weidel ihr entgegen: „Abschieben! Abschieben! […] Weg mit diesen Leuten […].“ Ohne auch nur etwas zu den Hintergründen dieser Tat zu wissen. Die AfD macht jedoch nicht nur während des Wahlkampfes mit billigen, widerlichen und menschenverachtenden Parolen auf sich aufmerksam. Es ist ein Muster, das sich durch die Partei und alle Ebenen das ganze Jahr über durchzieht.